FM Henry

Plusminus - Wässriger Fisch

03.09.14

Verbraucher erfahren zwar, wo ihr Fisch gefangen wurde, wissen aber nicht, wer ihn verarbeitet hat. Oft wissen es selbst die Handelsunternehmen nicht. Plusminus recherchierte in Alaska und China und zeigt indiskutable Produktionsmethoden auf.

In der Beringsee, einem der größten Fischfanggebiete weltweit, wird des Deutschen liebster Fisch gefangen - der Alaska Seelachs. Hunderte Kilometer vom Festland Alaskas entfernt werden 150 Tonnen in einem Netz gefangen. Ist das Fangboot voll, geht es direkt auf eine der nächsten Inseln – nach Akutan. Viel mehr als eine Fischfabrik und eine Kirche gibt es dort nicht. Dafür laden die Fischer auf der Insel täglich tausende Tonnen Fisch ab.

Deutsche Marken wie Iglo und Frosta lassen sich von hier beliefern. Trotz der großindustriellen Fischproduktion ist viel Handarbeit notwendig. 1400 Menschen arbeiten hier hoch in der nördlichen Öde. Unterkunft und Verpflegung wird den Arbeitern gestellt. "Egal was sie verdienen, jeder kann es zu 100 Prozent sparen. Im Durchschnitt kann man hier 4000 Dollar im Monat verdienen. Und jeder arbeitet in der Regel acht Monate im Jahr", so Dave Abussian, Produktionsleiter von Trident. Die Arbeiter kommen aus armen Ländern wie Somalia, Malaysia oder den Philippinen. Sieben Tage die Woche stehen sie am Band, erzählen sie. Bis zu 16 Stunden am Tag, heißt es.

Auf Akutan steht eine der größten Fischfabriken der USA. Den Fisch filetieren die Maschinen. Das geht zwar schneller, bringt aber weniger Fleisch. Den Rest machen die Arbeiter mit der Hand. In der Fabrik gibt man sich sauber und qualitätsbewusst. Der Fisch werde dort nicht künstlich behandelt. "Manche Kunden haben das Problem, dass sie oft nicht nachvollziehen könne, was alles im Fisch drin ist. Deswegen ist es für uns wichtig, absolut sauberen Fisch zu verkaufen", so Abussian.

Der Fisch aus Alaska kostet seinen Preis. Aber es gibt noch einen zweiten Weg, wie er nach Deutschland gelangen kann. Er wird in den gleichen Fanggebieten direkt auf See eingefroren und geht dann nach China. Das betrifft 60 Prozent des deutschen Seelachses und 15 Prozent des gesamten deutschen Fischimports – jährlich 126.500 Tonnen. In Fischfabriken in der chinesischen Hafenstadt Yantai kaufen viele deutsche Firmen ein. Ware, die hinterher vor allem im deutschen Großhandel und danach in Kantinen und Restaurants landet.
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Der gefrorene Seelachs bleibt in den Werken stundenlang in Becken liegen - bis er wieder aufgetaut ist. Anschließend filetieren die Arbeiter im Akkord. Auch hier bis zu zwölf Stunden am Tag, aber für weniger als einen Euro pro Stunde. Deshalb werden die Arbeiten anders als in Alaska alle per Hand gemacht. Zum Beispiel werden die Fische entwurmt, während in Alaska der wurmanfällige Teil entfernt wird. Die Ausbeute ist so größer.

In der Fabrik finden wir Fisch, der für deutsche Firmen abgepackt wird. Unter anderem Kabeljau für die Firma HC – World of Seafood. Angegeben wird hier ein Abtropfgewicht von 900 Gramm – also ein Glasuranteil von zehn Prozent Wasser. Dabei wird überall in der Fabrik mit deutlich mehr Wasser glasiert, als nötig ist. 20, 30 manchmal 40 Prozent Glasur wird nachträglich auf den Fisch aufgetragen. Die Filets werden schwerer, und lukrativer. Auch dies ist ein Unterschied zur Fischverarbeitung in Alaska – und für Experten ein echtes Problem. "20, 30 Prozent Wasser, das bezahlt am Ende alles der Verbraucher", so der Lebensmitteltechnologe Professor Jörg Oehlenschläger.

HC schreibt Plusminus, man kaufe die Ware bei einem Importeur, der wiederum in China kauft. Die Fischfilets von HC landen im deutschen Großhandel, werden unter anderem von Edeka, Handelshof und HIT weiterverkauft und dann wohlmöglich in deutschen Restaurants oder Kantinen aufgetischt. Auf Nachfrage erklärt das Unternehmen gegenüber Plusminus: "Grundsätzlich befürworten wir einen Glasuranteil von 20 Prozent.“ Doch für den betreffenden Tiefkühl-Kabeljau seien es wie auf der Verpackung angegeben nur zehn Prozent: "Diese Anforderung wird durch den Verarbeitungsbetrieb nachweislich erfüllt. Entsprechende Laboranalysen […] bestätigen […] die Korrektheit des Abtropfgewichts genau so wie den Verzicht auf Zusatzstoffe.“

Auf Zusatzstoffe verzichten allerdings nicht alle. In der chinesischen Fabrik zeigt uns der Verkaufsleiter noch eine weitere Methode, Fisch mit Chemikalien künstlich aufzupumpen. Dazu wird er in Laugen mit Phosphaten getaucht. Am Ende landet für den Verbraucher alles im gleichen Kühlregal im Supermarkt und er kann kaum nachvollziehen, ob der Fisch direkt aus USA oder über China kam.

Autoren: Ingrid Bertram und Marc Steinhäuser
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